Färberkrapp - Das älteste Farbmittel der Menschheit
Krapp ist neben Indigo einer der ältesten Pflanzenfarbstoffe der Menschheit. Einst war es ein wichtiges Handelsgut zwischen Asien und Europa. Es war, verglichen zu anderen roten Färbemitteln verhältnismäßig preisgünstig. Schriftliche Aufzeichnungen über die Verwendung von Krapp finden sich bereits bei den Griechen und den Römern. Ihr Farbstoff befindet sich bei den lebenden Pflanzen nicht in den kleinen, gelben, unscheinbaren Blüten, sondern im Zellsaft und in den Wurzeln. Diese sind 20 - 30 cm lang und außen hellrot gefärbt. Wissenschaftlich heißt die 50 - 60 cm hohe Staude aus der Familie der Rötegewächse Rubia tinctorum. Die Bezeichnung "Rubia" verliehen die Römer dem Krapp, weil seine Wurzel roten Farbstoff enthalten. Die rote Farbe entwickelt sich erst durch das Trocknen der Wurzelstöcke.
Gewinnung
Heute werden zum Färben die Wurzeln von dreijährigen Pflanzen – entweder frisch oder getrocknet und gemahlen – verwendet. Frisch ist das sogenannte Rhizom innen gelb, erst beim Trocknen entwickelt sich der rote Farbstoff, auch Alizarin genannt. Die Krappwurzeln werden zerkleinert, über Nacht in einem Baumwolltuch in Wasser eingeweicht, die Färbebrühe langsam zum Kochen gebracht und dann das Baumwolltuch mit den zerkleinerten Krappwurzeln herausgenommen. Schließlich wird das zuvor z. B. mit Alaun gebeizte Färbegut in dem Sud für circa 30 Minuten bei maximal 80° C gefärbt. Der Farbton kann, je nach Beize und Extraktionsart, zwischen einem kräftigen Rot, einem Rot-Orange und Rosa schwanken. Der Pflanzenfarbstoff reagiert mit der durch die Beize gebildeten hauchdünnen Tonerdeschicht. Dabei entsteht eine recht licht- und waschechte Färbung der Textilfaser. Früher wurde das sogenannte „Türkische Rot“ in einem drei- bis viermonatigen Verarbeitungsprozess erzielt, der mehr als ein dutzend Schritte umfasste.
Bei der Herstellung der Krapp-Pigmente zum Malen und Gestalten wird dieser seit Jahrtausenden bewährte Prozess nachgebildet, jedoch ohne die Textilfaser als Träger. Vielmehr reagieren die in der Krappwurzel enthaltenen Farbstoffe direkt mit den ursprünglich farblosen Tonerdekristallen, die sich beim Zusatz von Lauge zur Alaunlösung bilden. Auch hier entsteht eine hauchdünne, aber kräftige Farbstoffschicht direkt an der Oberfläche der Tonerde. Traditionell wird diese Pigmentbildung "Verlackung" genannt, im Fall von Krapp entsteht also ein sogenannter "Krapplack", der sich als Pigment bei Künstlern über die Jahrhunderte wegen seiner Transparenz, Farbschönheit und relativ guten Beständigkeit hoher Wertschätzung erfreute.
Bei AURO wird der Krapplack als Pigment in der classic edition-Linie Wandlasur Pflanzenfarbe Reseda-Krapp-Orange und in der Wandlasur Pflanzenfarbe Krapp-Rot (Blauton) verwendet.
- Krapplack wurde in allen künstlerischen Techniken wie z. B. Tafelmalerei, Pastell, Buchmalerei und Ölmalerei verwendet. Der Alizarinkrapplack dient auch als Pigment z. B. für die Herstellung von lichtechten Tapeten, für Künstlerfarben und Druckfarben. Der natürliche Lack ist nicht vollkommen lichtbeständig.
- Früher als Heilpflanze verwendet, wegen seiner positiven Wirkung bei Erkrankungen der Harnwege, vor allem bei Nieren- und Blasensteinen, ferner bei Gicht, Rachitis und Blutarmut.
Die Benediktiner waren es wohl, die die Pflanze über die Alpen brachten und Karl der Große empfahl dringend ihre Kultur. Wichtige Anbaugebiete lagen im Mittelalter im niederländischen Seeland (seit dem 12. Jahrhundert) und am Oberrhein (Elsass (seit dem 13. Jahrhundert), Speyer). Kleinere Anbaugebiete gab es um Braunschweig, in Frankreich (Provence), Spanien (Kastilien) und Ungarn. Der Elsässer Krapp, die Hagenauer Röte, war weit berühmt und wurde in bedeutenden Mengen ausgeführt. Sie hat im Mittelalter mit zum Reichtum der freien Reichsstadt Straßburg beigetragen. Große Anbaugebiete gab es auch in Frankreich, besonders um das Städtchen Senlis bei Paris. Im 15. Jahrhundert nahm Holland die führende Stellung im Krappanbau ein, in den folgenden Jahrhunderten überflügelten es die Franzosen durch intensive Kultivierung in Südfrankreich und im Elsass. Als hier der Krappanbau durch die Revolutionswirren nach 1789 zum Erliegen gekommen war, befahl Louis-Philippe (1830 – 1848), dass die französischen Soldaten mit Krapp gefärbte rote Hosen zu tragen hätten. Durch diese Anordnung konnte Frankreich den Krappanbau fördern und seine bedeutende Stellung als Lieferant des Farbstoffs zurückerobern. Im Jahre 1868 kam Krapp im Wert von 25 Millionen Reichsmark in den Handel. Seit man 1869 den Farbstoff Alizarin auch synthetisch aus Steinkohleteer herstellen konnte, ging der wesentlich teurere Krappanbau drastisch zurück. Erstmals synthetisierten die deutschen Chemiker Carl Graebe und Carl Liebermann den Krappfarbstoff. Im Orient waren extrem komplizierte Färbetechniken unter Verwendung fetter Öle (Türkischrotöl) bekannt, mit denen ein sehr farbintensives Rot erzielt werden konnte (Türkisch Rotgarn). Verwendet wurde der Farbstoff unter anderem, um die traditionelle türkische Kopfbedeckung, den Fes, zu färben. Auch die herrlichen Rot-Farben in Elsässer Trachten waren nur mit Krapp möglich. Krapp wurde auch in der mittelalterlichen Tafelmalerei eingesetzt, da sein rotbraunes bzw. rosafarbenes Farbmittel nicht so lichtempfindlich war wie das nuancenreichere Farbmittel aus dem teuren Brasilholz, das dementsprechend häufiger in der Buchmalerei eingesetzt wurde.